Märchen lesen. Ein Rosenmärchen

Märchen lesen. maerchen lesen

Märchen lesen ist etwas wunderbares. Sie führen immer in eine ganz besondere Welt und diesmal gelangst Du ausführlich in die Welt der Natur, begegnest feinfühligen Menschen und wie meistens im Märchen zu einer besonderen Liebe.

Vor langen Zeiten lebte weit gegen Abend ein blutjunger Mensch. Er war sehr gut, aber auch über die Maßen wunderlich. Er grämte sich unaufhörlich um nichts und wieder nichts, ging immer still für sich hin, setzte sich einsam, wenn die andern spielten und fröhlich waren, und hing seltsamen Dingen nach. Höhlen und Wälder waren sein liebster Aufenthalt, und dann sprach er immerfort mit Tieren und Vögeln, mit Bäumen und Felsen, natürlich kein vernünftiges Wort, lauter närrisches Zeus zum Totlachen. Er blieb aber immer mürrisch und ernsthaft, ungeachtet sich das Eichhörnchen, die Meerkatze, der Papagei und der Gimpel alle Mühe gaben ihn zu zerstreuen, und ihn auf den richtigen Weg zu weisen. Die Gans erzählte Märchen, der Bach klimperte eine Ballade dazwischen, ein großer dicker Stein machte lächerliche Bockssprünge, die Rose schlich sich freundlich hinter ihm herum, kroch durch seine Locken, und der Efeu streichelte ihm die sorgenvolle Stirn. Allein der Mißmut und Ernst waren hartnäckig.

Seine Eltern waren sehr betrübt, sie wußten nicht was sie anfangen sollten. Er war gesund und aß, nie hatten sie ihn beleidigt, er war auch bis vor wenig Jahren fröhlich und lustig gewesen, wie keiner; bei allen Spielen voran, von allen Mädchen gern gesehn. Er war recht bildschön, sah aus wie gemalt, tanzte wie ein Schatz.

Unter den Mädchen war eine, ein köstliches, bildschönes Kind, sah aus wie Wachs, Haare wie goldne Seide, kirschrote Lippen, wie ein Püppchen gewachsen, brandrabenschwarze Augen. Wer sie sah, hätte mögen vergehn, so lieblich war sie. Damals war Rosenblüte, so hieß sie, dem bildschönen Hyazinth, so hieß er, von Herzen gut, und er hatte sie lieb zum Sterben. Die andern Kinder wußten’s nicht. Ein Veilchen hatte es ihnen zuerst gesagt, die Hauskätzchen hatten es wohl gemerkt, die Häuser ihrer Eltern lagen nahe beisammen.

Wenn nun Hyazinth die Nacht an seinem Fenster stand und Rosenblüte an ihrem, und die Kätzchen auf dem Mäusefang da vorbeiliefen, da sahen sie die beiden stehn und lachten und kicherten oft so laut, daß sie es hörten und böse wurden. Das Veilchen hatte es der Erdbeere im Vertrauen gesagt, die sagte es ihrer Freundin, der Stachelbeere, die ließ nun das Sticheln nicht, wenn Hyazinth gegangen kam; so erfuhr’s denn bald der ganze Garten und der Wald, und wenn Hyazinth ausging so rief’s von allen Seiten: Rosenblütchen ist mein Schätzchen!

Nun ärgerte sich Hyazinth, und mußte doch auch wieder aus Herzensgrunde lachen, wenn das Eidechschen geschlüpft kam, sich auf einen warmen Stein setzte, mit dem Schwänzchen wedelte und sang:

Rosenblütchen, das gute Kind,
Ist geworden auf einmal blind
Denkt, die Mutter sei Hyazinth,
Fällt ihm um den Hals geschwind;
Merkt sie aber das fremde Gesicht,
Denkt nur an, da erschrickt sie nicht,
Fährt, als merkte sie kein Wort,
Immer nur mit Küssen fort.

Ah! wie bald war die Herrlichkeit vorbei. Es kam ein Mann aus fremden Landen gegangen, der war erstaunlich weit gereist, hatte einen langen Bart, tiefe Augen, entsetzliche Augenbrauen, ein wunderliches Kleid mit vielen Falten und seltsame Figuren hineingewebt. Er setzte sich vor das Haus, das Hyazinths Eltern gehörte. Nun war Hyazinth sehr neugierig, und setzte sich zu ihm und holte ihm Brot und Wein. Da tat er seinen weißen Bart von einander und erzählte bis tief in die Nacht, und Hyazinth wich und wankte nicht, und wurde auch nicht müde zuzuhören. Soviel man nachher vernahm, so hat er viel von fremden Ländern, unbekannten Gegenden, von erstaunlich wunderbaren Sachen erzählt, und ist drei Tage dageblieben, und mit Hyazinth in tiefe Schachten hinuntergekrochen.

Rosenblütchen hat genug den alten Hexenmeister verwünscht, denn Hyazinth ist ganz versessen auf seine Gespräche gewesen, und hat sich um nichts bekümmert; kaum daß er ein wenig Speise zu sich genommen. Endlich hat jener sich fortgemacht, doch dem Hyazinth ein Büchelchen dagelassen, das kein Mensch lesen konnte. Dieser hat ihm noch Früchte, Brot und Wein mitgegeben, und ihn weit weg begleitet. Und dann ist er tiefsinnig zurückgekommen, und hat einen ganz neuen Lebenswandel begonnen. Rosenblütchen hat recht zum Erbarmen um ihn getan, denn von der Zeit an hat er sich wenig aus ihr gemacht und ist immer für sich geblieben.

Nun begab sich’s, daß er einmal nach Hause kam und war wie neugeboren. Er fiel seinen Eltern um den Hals und weinte. »Ich muß fort in fremde Lande,« sagte er; »die alte wunderliche Frau im Walde hat mir erzählt, wie ich gesund werden müßte, das Buch hat sie ins Feuer geworfen, und hat mich getrieben, zu euch zu Gen und euch um euren Segen zu bitten. Vielleicht komme ich bald, vielleicht nie wieder. Grüßt Rosenblütchen. Ich hätte sie gern gesprochen, ich weiß nicht, wie mir ist, es drängt mich fort; wenn ich an die alten Zeiten zurück denken will, so kommen gleich mächtigere Gedanken dazwischen, die Ruhe ist fort, Herz und Liebe mit, ich muß sie suchen gehn. Ich wollt‘ euch gern sagen, wohin, ich weiß selbst nicht, dahin wo die Mutter der Dinge wohnt, die verschleierte Jungfrau. Nach der ist mein Gemüt entzündet. Lebt wohl.«

Er riß sich los und ging fort. Seine Eltern wehklagten und vergossen Tränen, Rosenblütchen blieb in ihrer Kammer und weinte bitterlich. Hyazinth lief nun was er konnte, durch Täler und Wildnisse, über Berge und Ströme, dem geheimnisvollen Lande zu. Er fragte überall nach der heiligen Göttin (Isis) Menschen und Tiere, Felsen und Bäume. Manche lachten, manche schwiegen, nirgends erhielt er Bescheid. Im Anfange kam er durch rauhes, wildes Land, Nebel und Wolken warfen sich ihm in den Weg, es stürmte immerfort; dann fand er unansehnliche Sandwüsten, glühenden Staub, und wie er wandelte, so veränderte sich auch sein Gemüt, die Zeit wurde ihm lang und die innere Unruhe legte sich, er wurde sanfter und das gewaltige Treiben in ihm allgemach zu einem leisen, aber starken Zuge, in den sein ganzes Gemüt sich auflöste. Es lag wie viele Jahre hinter ihm.

Nun wurde die Gegend auch wieder reicher und mannigfaltiger, die Luft lau und blau, der Weg ebener, grüne Büsche lockten ihn mit anmutigen Schatten, aber er verstand ihre Sprache nicht, sie schienen auch nicht zu sprechen, und doch erfüllten sie sein Herz mit grünen Farben und kühlem, stillem Wesen. Immer höher wuchs jene süße Sehnsucht in ihm, und immer breiter und saftiger wurden die Blätter, immer lauter und lustiger die Vögel und Tiere, balsamischer die Früchte, dunkler der Himmel, wärmer die Luft, und heißer seine Liebe, die Zeit ging immer schneller, als sähe sie sich nahe am Ziele.

Eines Tages begegnete er einem kristallenen Quell und einer Menge Blumen, die kamen in ein Tal herunter zwischen schwarzen himmelhohen Säulen. Sie grüßten ihn freundlich mit bekannten Worten.

»Liebe Landsleute,« sagte er, »wo find‘ ich wohl den geheiligten Wohnsitz der Isis? Hier herum muß er sein, und ihr seid vielleicht hier bekannter als ich.«

»Wir gehn auch nur hier durch,« antworteten die Blumen; »eine Geisterfamilie ist auf der Reise und wir bereiten ihr Weg und Quartier indes sind wir vor kurzem durch eine Gegend gekommen, da hörten wir ihren Namen nennen. Gehe nur aufwärts, wo wir herkommen, so wirst du schon mehr erfahren.« Die Blumen und die Quelle lächelten, wie sie das sagten, boten ihm einen frischen Trunk und gingen weiter.

Hyazinth folgte ihrem Rat, frug und frug und kam endlich zu jener längst gesuchten Wohnung, die unter Palmen und andern köstlichen Gewächsen versteckt lag. Sein Herz klopfte in unendlicher Sehnsucht, und die süßeste Bangigkeit durchdrang ihn in dieser Behausung der ewigen Jahreszeiten. Unter himmlischen Wohlgedüften entschlummerte er, weil ihn nur der Traum in das Allerheiligste führen durfte. Wunderlich führte ihn der Traum durch unendliche Gemächer voll seltsamer Sachen auf lauter reizenden Klängen und in abwechselnden Akkorden. Es dünkte ihm alles so bekannt und doch in niegesehener Herrlichkeit, da schwand auch der letzte irdische Anflug, wie in Luft verzehrt, und er stand vor der himmlischen Jungfrau, da hob er den leichten, glänzenden Schleier, und Rosenblütchen sank in seine Arme.

Eine ferne Musik umgab die Geschehnisse des liebenden Wiedersehns, die Ergießungen der Sehnsucht, und schloß alles Fremde von diesem entzückenden Orte aus.

Hyazinth lebte nachher noch lange mit Rosenblütchen unter seinen frohen Eltern und Gespielen, und unzählige Enkel dankten der alten wunderlichen Frau für ihren Rat und ihr Feuer; denn damals bekamen die Menschen soviel Kinder, als sie wollten.

Die Geschichte von Hyazinth und Rosenblütchen
aus »Die Lehrlinge zu Saïs«

Welche Botschaft schenkt Dir das Märchen für Dein Leben?

Ja, Märchen beinhalten nicht nur Wahrheit und Weisheit sondern sie verstehen es auch Kummer der Seele zu heilen. Dies ist erklärbar durch die 7 Urbilder des Märchens. Was sie sind und wie sie wirken erfährst Du in diesem Artikel:
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Baummärchen. Vom Geist des Waldes.

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Märchen erzählen mit Natürlichkeit von Wesen, die wir Menschen mit den äußeren Augen nicht sehen können: von Zwergen, Elfen und von Bewohnern von Bäumen. Wenn wir sie nicht sehen können, können wir sie doch erleben in inneren-, in Märchen-Bildern, aber auch in der Natur, wenn wir mit den inneren Augen schauen. Dies Märchen erzählt von einem Teppichweber der mit der Gabe die Naturwesen zu erleben ganz selbstverständlich umgeht und mit einem Naturwesen ins Gespräch kommt. Wird er die richtige Entscheidung treffen?

Einst lebte in Indien ein Teppichweber. Er webte langsam, er webte sorgsam, er webte ein ganzes Jahr an einem Teppich. Der aber war so schön, dass er ihn mit Leichtigkeit für teures Geld auf dem Markt verkaufen konnte. Doch weil er drei Frauen ernähren musste, – seine Mutter, seine Frau und seine Tochter – darum reichte das Geld nie aus und er blieb ein armer Mann. Er aber ertrug sein Los geduldig, denn er hatte Freude an seiner Arbeit.

Doch eines Tages ging sein Webstuhl entzwei und er konnte nicht mehr weben. Einen neuen Webstuhl zu kaufen dafür fehlte ihm das Geld, und den alten instand setzen konnte er auch nicht.“ Was bleibt mir übrig“, seufzte der Mann, “ich muss mir selber einen neuen Webstuhl bauen.“ So machte er sich auf die Suche nach geeignetem Holz.

Lange wanderte er umher und betrachtete die verschiedenen Bäume. Endlich fand er am Meeresstrand einen hohen Buchsbaum. „Das ist genau der rechte“, freute er sich, und er griff zum Beil, um den Baum zu fällen. da hörte er eine Stimme:“ Halt ein, Teppichweber!“ Der hielt inne und fragte:“ Wer bist du?“ – „Ich bin der Geist des Waldes. Dieser Baum ist mein Haus. Warum willst du ihn fällen?“ – „ Ich brauche Holz für einen neuen Webstuhl,“ sagte der Weber, „ könntest du dir nicht einen anderen Baum nehmen?“ – „ Dieser Baum ist mein Haus“, sprach der Geist des Waldes.“ Ich lebe hier seit langer Zeit. Vom Meer her weht immer einen kühle Brise, selbst in der größten Hitze.“ –

„ Aber woher nehme ich dann hartes Holz für einen neuen Webstuhl?“ fragte der Mann.- „ Das weiß ich nicht“, erwiderte der Geist des Waldes.“ Aber verschone meinen Baum und ich werde dir einen Wunsch erfüllen.“ – „ Gut“, sagte er.“ Aber erst muss ich mich darüber beraten mit meiner Mutter, meiner Frau und meiner Tochter.“ – „ Dann geh,“ sagte der Geist des Waldes, „ aber lass dich nicht verwirren!“

Der Weber kehrte in seine Hütte zurück und erzählte, was ihm begegnet war, und dann fragte er die Frauen, was er sich wünschen solle.

Als erste nahm die Mutter das Wort: „ Wünsche dir, mein Junge ein langes Leben in Gesundheit für uns alle. Ist man erst so alt wie ich, weiß man: nichts ist wünschenswerter als lange gesund zu leben.“ „ Ach“, rief die Tochter, “zu was ist Gesundheit und ein langes Leben gut, wenn man in Armut lebt und unbeachtet. Wünsche dir, ein reicher Fürst zu sein. Dann hätten wir schöne Kleider und kostbaren Schmuck und könnten den stattlichsten Jünglingen den Kopf verdreh´n.“

„ Nein, nein“ die Frau des Webers schüttelte den Kopf, „ du weißt nicht, wie ein Fürst lebt. Gewiss hat er viele Pflichten und Sorgen. Bleib bei dem Leben, das du gewohnt bist. Aber wünsche dir, dass der Geist des Waldes uns jeden Tag so einen Teppich macht, wie du ihn in einem Jahr zustande bringst. Dann sind wir reich und können uns kaufen, was das Herz begehrt.“
Langsam ging der Weber zum Meeresufer zurück. Was sollte er sich wünschen?


„Höre mich, Geist des Waldes“, rief er, als er unter dem Buchsbaum stand. “Höre meinen Wunsch.“ – „Verlange von mir, was immer du willst!“ – „Bring meinen alten Webstuhl in Ordnung!“ – „So soll es sein, “sprach der Geist des Waldes.

Der Mann kehrte in seine Hütte zurück. Mutter, Frau und Tochter jammerten um die Wette und schimpften, dass er ein rechter Dummkopf sei. Der Weber aber setzte sich an seinen Webstuhl und fing an zu weben. Er webte langsam, er webte sorgsam, er webte ein ganzes Jahr an einem Teppich.

Und er hatte Freude an seiner Arbeit.

Der Teppich- Weber. Märchen aus Nordindien

 

Mit Bäumen ins Gespräch kommen
Du liebst die Bäume, bist gerne in ihrer Nähe und ahnst, dass im Baume ein märchenhaftes und weisheitsvolles Wesen wohnt? Dann lade ich Dich herzlich ein zum
Baum-Erlebnistag. Was Du an diesem Tag erleben wirst und was er Dir bringt erfährst Du in diesem Blogartikel:

Märchen und Sagen von Bäumen unter einem Baum erzählt oder vorgelesen ist wunderschön und schenken Dir und Deinen Lieben ein unvergessliches Erlebnis.

Eine schöne Märchensammlung von Bäumen,
die in jeden Rucksack oder jede Tasche passt, findest Du hier:

 

 

 

 

So wie Du die Natur schätzt
und mit ihr ins Gespräch kommst,
werden es auch Deine Kinder und Enkel
nachahmen können,

wenn Du mit ihnen zusammen
die Schönheit der Natur erlebst

🙂

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Die schöne Königstochter im Garten. Märchen

Die schöne Königstochter im Garten

Mit Märchen zu sich selbstLieben Sie auch die blühenden Gärten mit ihren Blumen aller Arten, den prächtigen Bäumen die im Herbst üppig beladen sind mit den süßen und saftigen Früchten? Im folgenden Märchen ist die Mutter von drei Burschen in großer Not und die Söhne wollen ihr bestes tun um Abhilfe zu schaffen. Sie finden einen Garten . . . Aber lesen Sie selbst wie sich alles zugetragen hat:

Eine arme Frau hatte drei Söhne und keinen Mann und auch nichts zu essen, und das tat ihr so weh, dass sie meinte, das Herz im Leibe müsste ihr zerspringen vor lauter Jammer und Not, und sie setzte sich hin und weinte bittere Tränen. Als die drei Söhne das sahen, tat es ihnen leid, und der älteste sprach zu seiner Mutter:

»Mutter, gib mir einen Kuchen,
 flick mir meine Hosen,
 ich will auf Reisen gehn.«

Da gab ihm die Mutter einen Kuchen und flickte ihm seine Hose, und er ging weg und kam in einen großen Wald; und darin ging er immer weiter und weiter, bis es stockdunkel geworden war. Da kletterte er auf einen hohen Baum und sah, wie von fern ein ganz kleines Lichtlein schimmerte; auf das Lichtlein ging er zu und wanderte die ganze Nacht; und als es Morgen geworden war, da stand er vor einem wunderschönen Schlosse, das glänzte, als wenn es von lauter Diamanten gewesen wäre. Weil das Tor nun offen stand, ging er hinein und kam in einen Garten;

aber der war so schön, oh, so schön, wie noch kein Mensch in der ganzen Welt einen gesehen hatte. Wo er nur hinschaute, da standen Blumen und Bäume mit Äpfeln und Birnen und goldenen Nüssen, und er hatte so große Freude daran, dass er immer weiter fortging, bis er an das Ende kam; da sah er eine Königstochter sitzen, die war von so großer Schönheit, dass er im ersten Augenblick glaubte, es wäre ein Engel aus dem Himmel. Er zog höflich sein Käpplein und sprach: »Gott grüß Euch, schöne Jungfrau!« – »Schönen Dank«, antwortete die Königstochter. »Aber sage mir nun auch, was dir am besten gefällt in meinem Garten.« Darauf antwortete der Älteste: »Ach, schöne Jungfrau, das sind die lieben Blümelein.« – »Ei, du dummer Tölpel«, sprach die Königstochter, »weißt du nichts Schöneres, dann, marsch, fort mit dir in den Keller!« und damit nahm sie ihn beim Kragen und setzte ihn in den Keller.

Als der Älteste nun nicht wiederkehrte, da sprach der zweite zu seiner Mutter:

»Mutter, gib mir einen Kuchen,
 flick mir meine Hosen,
 ich will auf Reisen gehn.«

Da gab ihm die Mutter einen Kuchen und lappte ihm seine Hose, und er zog fort, immer weiter bis in den großen Wald und endlich bis an das Schloss; da ging er rundherum in dem Garten, bis er an die Laube kam, wo die schöne Königstochter saß. »Gott grüß Euch, schöne Jungfrau«, sprach er. »Schönen Dank«, antwortete die Königstochter. »Aber sage mir nun auch, was dir in meinem Garten am besten gefällt.«
Darauf antwortete der zweite: »Ach, schönste Jungfrau, das sind die roten Äpfel und die gelben Birnen und die goldenen Nüsse.« »Ei, du dummer Tölpel«, sprach da die Königstochter, »weißt du nichts Besseres, dann, marsch, sofort mit dir in den Keller.« Und sie fasste ihn am Kragen und setzte ihn in den Keller.

Als der zweite nun auch nicht zurückkehrte, da beschloss der Jüngste, sein Glück zu versuchen, und er sprach zu seiner Mutter denselben Vers wie seine Brüder. Da gab ihm die Mutter einen Kuchen und lappte seine Hose, und er zog aus und kam gleichfalls in den Wald und an das glänzende Schloss. Er verwunderte sich über die Maßen ob der schönen Blümelein und der lachenden Früchte, bekam auch wohl Lust, einmal davon zu kosten, doch bezwang er sich und ging immer fort, bis er von ferne die Königstochter erblickte. »Nein«, sprach er da zu sich selbst, »ein so schönes Mädchen habe ich doch in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen«, und er zog sein Käpplein und trat ihr näher und grüßte sie höflich: »Gott grüß Euch, schöne Jungfrau!« – »Schönen Dank«, entgegnete die Königstochter; »aber sage mir doch, was dir in meinem Garten am besten gefällt.« – »Ach, das seid Ihr, schöne Jungfrau, denn neben Euch sieht man keine Blümelein und keine Äpfel und nichts«, sprach der Jüngste schnell.

Da fiel die Königstochter ihm um den Hals und sprach: »Du bist mein und ich bin dein und du bist mein lieber Mann«, und sie führte ihn in das Schloss, und am andern Tage wurde die schöne Königstochter seine Frau, und sie lebten zufrieden und glücklich miteinander. Die beiden Brüder holten sie aus dem Keller und schickten sie eilends nach Haus.

Märchen aus Siebenbürgen

Fragen zum Märchen,
die Ihnen Freude machen sollen sie zu beantworten
und deren Botschaften Ihr Leben bereichern können:

* Hätten Sie einen solchen Garten,
was wäre für Sie das Schönste?

* Wagen Sie es,
das Aller-, Allerschönste was es in diesem Garten gibt, anzusprechen?

* Wenden Sie sich diesem Allerschönsten zu,
stellen Sie es sich bildhaft vor.

* Welche Energie strahlt es aus?
Lassen Sie dieser Schönheit Goldenes Licht
aus Ihrem Herzen zufließen.

* Lassen Sie das Bild aufkommen
von dem folgenden Märchenzitat:

Da fiel die Königstochter ihm um den Hals und sprach:
“Du bist mein und ich bin dein
und du bist mein lieber Mann.”

Fühlen Sie die Energie, die von diesem Bilde ausgeht
und nehmen Sie diese in sich auf,
atmen Sie sie immer wieder ein,
bis in die Füße.

Die Liebe von der hier im Märchen gesprochen wird, ist die höchste,
die nach der erotischen und der brüderlichen Liebe kommt,
die allumfassende Liebe.

Noch mehr Märchen finden Sie in der Rubrik Märchen:
https://maerchenhaft.erfuelltes-leben.de/category/marchen/

Wie Sie mit Märchen Ihr Leben in Harmonie bringen können
finden Sie im folgenden Beitrag:
https://maerchenhaft.erfuelltes-leben.de/weg-zu-sich-selbst/

Eine Auswahl schöner und inhaltsvoller Märchen-Bücher
finden Sie, wenn Sie auf das Bild klicken

Der Apfel der Unsterblichkeit. Märchen

Der Apfel der Unsterblichkeit.Der Apfel der Unsterblichkeit.

Es war einmal ein König, der hatte eine einzige Tochter, die war wunderschön, beinah so schön wie die strahlende Sonne. Als sie herangewachsen war sprach der Vater zu den Prinzen, die um seine Tochter warben: „Es gibt einen Garten, in dem wächst der Baum mit dem Apfel der Unsterblichkeit. Wer mir diese Frucht bringt, bekommt meine Tochter zur Frau.“

Alle Freier gingen, um den Apfel zu suchen. Viele junge Männer zogen aus, aber keiner kehrte zurück. In der Nähe des Schlosses lebte ein Tschongurispieler, der wegen seines Gesangs und seines Spiels berühmt war. Auch ihm gefiel das schöne Mädchen, aber wie hätte er es wagen dürfen, um ihre Hand anzuhalten! Doch eines schönen Tages begab auch er sich zum König und warb um dessen Tochter. Er bekam ebenfalls die Aufgabe, den Apfel der Unsterblichkeit zu bringen. Da nahm er seinen Tschonguri und machte sich auf den Weg. Nach langem Wandern gelangte er an einen großen, großen Garten, der von einer hohen Mauer umgeben war, dass niemand hinübergelangen konnte.

Der Tschongurispieler irrte lange um den Garten herum, aber er konnte keinen Eingang finden. So spielte er auf dem Tschonguri und sang dazu. Diesem Lied lauschte alle Welt: Der Wald hörte auf, mit seinen Blättern zu rauschen und labte sich an dem Gesang. Die Vögel flogen vom Himmel herab, ließen sich auf den umstehenden Bäumen nieder und hörten zu, wie der Tschongurispieler sang. Das Lied beglückte alle, sogar die steinerne Mauer.

Auf einmal öffnete sie sich, und ein mit Blumen bewachsener Weg wurde sichtbar, der in den Garten hineinführte. Der Tschongurispieler folgte dem Blumenweg und sang dabei sein herzbewegendes Lied.

Mitten in diesem Garten stand der Baum mit dem Apfel der Unsterblichkeit, den jedoch bewachte ein wüster Drache. Wer sich in seine Nähe wagte, den verschlang er bei lebendigen Leibe.

Der Drache hörte die fremde Stimme, riss seinen schrecklichen Rachen auf und grollte: „Wer ist so kühn, in meinen Garten einzudringen, wo aus Furcht vor mir keine Ameise über den Boden kriecht und kein Vogel durch die Luft fliegt?“

Der Tschongurispieler spielte weiter, sang sein Lied und aus seinen Augen rannen Tränen. Schnaubend wälzte sich der Drache dem Tschongurispieler entgegen und sperrte seinen fürchterlichen Rachen auf, um ihn zu verschlingen. Doch plötzlich hielt er inne und lauschte. Der süße Gesang raubte ihm die Sinne. Lange lauschte er reglos. Dann hielt es sein böses Herz nicht mehr aus, und aus seinen blutunterlaufenen Augen tropften Tränen. Zitternd und schluchzend starrte der schreckliche Drache den Tschongurispieler an. Der sang aber noch gefühlvoller als zuvor.

Noch einmal schlug er die Saiten an: da rissen sie plötzlich und alles verstummte. Mit gesenktem Kopf stand der Tschongurispieler vor dem aufgerissenen Rachen des Ungeheuers und ließ seinen Tränen freien Lauf. Der Drache schwieg; in seinen Augen standen ebenfalls Tränen, und verwundert und mitleidig starrte er den Spieler an.

Plötzlich kam der Drache zu sich; er hob den Kopf, pflückte den Apfel der Unsterblichkeit und reichte ihn dem Tschongurispieler. Dieser erschrak; er traute seinen Augen nicht. Der Drache sagte: „Nimm ihn und sei nicht schüchtern! In meinem ganzen Leben habe ich noch keine solche Stimme gehört, noch nie hat jemand mit so einer schönen Stimme zu mir gesprochen. – Geh, nimm diesen Apfel der Unsterblichkeit, und ich gebe dir mein Wort, dass ich von heute an kein Menschenblut mehr vergießen werde. – Wie angenehm ist doch die Stimme der Menschen!“ Erfreut nahm der Tschongurispieler den Apfel der Unsterblichkeit, kehrte in seine Heimat zurück und feierte Hochzeit mit seiner Liebsten so wie er es sich von Herzen gewünscht hatte. Und sie lebten glücklich und zufrieden.

Der Tschongurispieler. Märchen aus Georgien
Bearbeitet von Monika Zehentmeier
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